diesmal wird es ein wenig länger.
letzten mittwoch und donnerstag durfte ich bei der ersten arbeitssitzung des fachverbandes werbung teilnehmen und ich bin dankbar dafür, denn es hat mir gezeigt, dass es noch jede menge zu tun gibt, um unsere branche neu aufzustellen und vor allem einen neuen glaubwürdigen zeitgeist zu etablieren. vorweg möchte ich festhalten, dass es ein sehr kollegiales klima gibt und die kolleginnen und kollegen aus den bundesländer wirklich viel tolles und bemerkenswertes umsetzen, davon sollten wir uns in wien einiges abschneiden.
zugleich hat es mir gezeigt, wie sehr die neuen mehrheiten in wien der standesvertretung gut tun.
ich möchte das anhand von zwei beispielen illustrieren, die auch in der sitzung einen breiten raum eingenommen haben.
1. ein bundeswerbepreis muss her, findet die mehrheit im fachverband
worum geht es?
8 bundesländer, also alle bis auf wien, veranstalten als fachgruppen in der wirtschaftskammer landeswerbepreise. nun gibt es den aus sicht der bundesländer nachvollziehbaren wunsch, den gewinnern dieser landespreise eine zusätzliche bühne zu geben. ich kann das, wie gesagt aus sicht der regionalen werbewirtschaft wirklich gut verstehen, wenn ich mir jedoch das ungeheure überangebot an werbepreisen ansehe und dass diese immer mehr an reputation und relevanz verlieren, dann muss ich nüchtern feststellen, einen weiteren werbepreis braucht österreich nicht. abgesehen vom umstand, dass niemand die gewinner der landeswerbepreise daran hindert, bei nationalen werbepreisen, die es in österreich in hülle und fülle gibt (cca, web ad, columbus, effi, staatspreis werbung etc) teilzunehmen. ich will hier an dieser stelle auch gar nicht so weit in die tiefe gehen und mutmaßen, warum bei diesen wettbewerben zu einem großteil wiener agenturen und einreicher gewinnen. ich fand es daher auch wesentlich klüger, darauf zu drängen, den staatspreis werbung zu reformieren und damit auch den bundesländer mehr platz und raum für ihre arbeiten zu geben.
jetzt wird jedoch ausgeschrieben. man wünscht ein konzept. ein konzept für einen bundeswerbepreis (alle außer wien, vielleicht sollte man es daher auch eher bundeslandespreis nennen). für dieses konzept werden 20.000 euro ausgelobt. eine stolze summe dachte ich mir, für eine aufgabenstellung, die zb. der adc europe schon gelöst hat und wirklich anders wird man es nicht machen können (es geht hierbei nicht um das veranstaltungskonzept / design). was die sache jedoch mehr als skurril macht, ist der umstand, dass für einen etat von 20.000 nun ein rechtsanwaltbüro beauftragt wird, das diese „ausschreibung“ durchführen soll und das kostet uns wohlfeile 15.000 euro. diese kammerlogik habe ich nicht mehr mitmachen können.
2. kollektivvertrag
die gesamte branche beschäftigt rund 26.000 mitarbeiter, 13.000 davon in wien. wien ist das einzige bundesland, das einen kollektivvertrag für die werbe- & kommunikationsbranche hat. es hat dem standort bisher, wie die erfolge zeigen, nicht geschadet. damit wir wissen wovon wir reden: das mindestgehalt liegt bei rund 1.450 euro brutto im monat, das sind ca 1.130 netto im monat.
im november stehen wieder verhandlungen mit der gewerkschaft an und darum machte kollege stephan götz als obmann der fachgruppe wien das angebot an die kollegen, doch an einer modernen ausformung des kollektivvertrages mitzuwirken. es war also das angebot, inhalte mitzubestimmen, ohne deshalb auch einen kollektivvertrag abzuschließen.
die reaktionen haben mich in der intensität der ablehnung mehr als überrascht.
grundtenor: das brauchen wir nicht. was bringt uns das?
ich habe in der kürze der zeit versucht, drei argumente dafür vorzubringen.
1. die wirtschaftskammer ist teil der sozialpartnerschaft und eine der hauptaufgaben ist dabei die tarifautonomie, also das verhandeln von kollektivverträgen.
2. das neue bundesbeschaffungsgesetz setzt auf das bestbieterprinzip, dazu gehört kein sozial- und lohndumping zu betreiben, keinen kollektivvertrag zu haben, könnte so ausgelegt werden.
3. wenn wir eine lösung bei der wichtigen frage der werkverträge haben wollen, dann müssen wir unserem gegenüber auch etwas anbieten. ein bundesweiter kollektivvertrag wäre ein aus meiner sicht interessantes angebot.
heute möchte ich weitere argumente dafür vorbringen.
wenn wir als branche den verfall der honorare beklagen und von unseren kunden die anerkennung unserer dienstleistungen einfordern und uns darüber gedanken machen, den wert unserer arbeit zu bewerben, um dafür ein bewusstsein zu schaffen und gleichzeitig daran arbeiten wollen, honorarrichtlinien also mindeststandards zu erarbeiten, dann halte ich es für nicht sehr wahrhaftig, wenn wir solche mindeststandards nicht auch für unsere mitarbeiter zulassen wollen. wie können wir etwas von unseren kunden verlangen, das wir nicht bereit sind unseren mitarbeitern zu gewähren? welches mindestmaß an wertschätzung ihrer arbeit bringen wir ihnen entgegen?
weiteres wichtiges argument. ein kollektivvertrag regelt die mindeststandards unter denen wir als unternehmer arbeiten. das stellt fairness unter uns unternehmern her. wie könnte zb. ein kleines KMU gegen eine großagentur bestehen, wenn diese mit 100 schlecht bezahlten mitarbeitern gegen sie in einem pitch antritt?
als gegenargument wurde gebracht, dass ja ein großteil der branche sowieso nur aus EPU bestehen würde und diese ja keinen kollektivvertrag bräuchten. eine wirkliche begründung ist das nicht, denn wir vertreten ja 100% unserer mitglieder und nicht nur mehrheiten oder minderheiten. abgesehen davon ist es auch inhaltlich falsch, denn ein kollektivvertrag hat natürlich auch direkte auswirkungen für EPU. und zwar wenn sie als freelancer am markt tätig sind. denn die durchschnittliche bezahlung der branche ist auch ihr honorar, das sie verlangen können.
was mich aber wirklich geärgert hat, war die einstellung dazu. wenn man als branche wirklich glaubt, seinem verhandlungsgegenüber nichts anbieten zu müssen und gleichzeitig sein entgegenkommen erwartet, dann ist das entweder reichlich naiv oder aber man ist gar nicht an einer regelung interessiert. die situation bei werkverträgen und subunternehmern schreit aber nach einer lösung. davon sind alle in der branche betroffen, vom EPU bis hin zur größten agentur des landes.
davon abgesehen ist uns auch etwas sehr tolles gelungen, ein beschluss für die reform der gewerbeordnung, der berufsbilder.
an dieser reform wird schon lange gearbeitet und als ein erster entwurf im mai 2014 vorgelegt wurde, haben wir von team werbung wien auch sehr schnell erkannt, dass das nicht der weisheit letzter schluss sein kann. von 14 gewerbescheine auf 12 zu reduzieren klang uns doch zu sehr nach wirtschaftskammer. entfesseln geht anders, meinten wir und machten den vorschlag auf einen zu reduzieren, wenn es die umstände erfordern auf max. 3. das kann man auch hier nachlesen: http://teamwerbung.wien/Ideen#Ideen6
jetzt haben wir es nach einer sitzung in der zuständigen arbeitsgruppe geschafft einen wirklichen meilenstein dem fachverband vorzulegen und dieser wurde auch einstimmig angenommen: beibehaltung der berufsbilder, bzw. sogar deren ausweitung und reduktion der gewerbescheine auf nur mehr zwei. das freut mich wirklich außerordentlich, denn es wird für unsere mitglieder eine wirkliche erleichterung werden. ich bin mir auch sehr sicher, dass bedenkenträger, die es sicherlich geben wird, diese reform nicht werden aufhalten können. sollte es versuche dazu geben, freue ich mich auf die auseinandersetzung. das dieser prozess bis 2018 in anspruch nehmen wird, zeigt einmal mehr, wie schwer es in österreich ist, zeitgemäße reformen schnell umzusetzen.
zum schluss möchte ich mich bei den mitgliedern des fachverbandes dafür bedanken, dass sie mich einstimmig zum berufsgruppensprecher für graphic design gewählt haben. ich freue mich persönlich sehr darauf für diese wichtige berufsgruppe in unserer branche tätig werden zu können. die eine oder andere idee hätte ich schon, dazu mehr beim nächsten mal.